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Mehr Zeit fürs Wesentliche
Wie KI meine Arbeit erleichtert

5. Februar 2025 | Von Pauline Tillmann | 11 Minuten Lesezeit
Pauline Tillmann (rechts) glaubt bei kleinen Newsrooms muss beides Hand in Hand gehen: Analoge Veranstaltungen und der Einsatz von KI. Foto: Niko Häse

In diesem Erfahrungsbericht teilt unsere Geschäftsführerin Pauline Tillmann, wie Künstliche Intelligenz ihren Alltag erleichtert und ihre Arbeit effizienter wird – plus zehn Anwendungsfälle, die wirklich funktionieren.

Von Pauline Tillmann, Konstanz

 

Zusammenfassung:

Künstliche Intelligenz revolutioniert den Journalismus – und kleine Redaktionen wie DEINE KORRESPONDENTIN profitieren besonders. Pauline Tillmann zeigt, wie KI ihre Arbeit effizienter macht, etwa durch Übersetzungen, Social-Media-Posts oder Zusammenfassungen. Sie sieht KI als Assistentin, die Zeit spart und kreative Prozesse unterstützt. Doch klare Richtlinien sind nötig. Ihre Botschaft: Experimentieren, ausprobieren und offen bleiben – denn KI ist gekommen, um zu bleiben.

 

Das Thema Künstliche Intelligenz beschäftigt viele Menschen und die Medienbranche ganz besonders. Kein Wunder, handelt es sich doch um einen echten Gamechanger. Etwas, das die gesamte Branche verändert – und vor allem: nicht mehr weggehen wird. Es wird bleiben, genau wie das Internet und Social Media.

Wir sollten über die Gefahren und Verzerrungen von KI diskutieren, aber uns auch anschauen, was mit KI alles möglich wird.

Medizinstudierende können Krankheiten simulieren und an ihrer Fehlerquote arbeiten. Übersetzer*innen können sich stärker spezialisieren als bisher. Journalist*innen sehen sich mit unzähligen Anwendungsfällen konfrontiert – und wissen gar nicht, wo sie anfangen sollen. Dabei ist es so einfach! Der erste Schritt ist: sich informieren, zum Beispiel über den von mir sehr geschätzten KI-Podcast. Und der zweite Schritt ist: Machen, ausprobieren, mit Tools experimentieren. 

An diesem Punkt scheitern viele. Es gibt so viele KI-Werkzeuge da draußen, dass man gar nicht weiß, was gut ist, was zu einem passt und die Arbeit wirklich erleichtert. Oft helfen konkrete Anwendungsfälle oder Best-Practice-Beispiele. Deshalb möchte ich in diesem persönlichen Erfahrungsbericht genau das weitergeben. Was Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) ist, wissen inzwischen die meisten. Nochmal zur Erinnerung: GenAI bezeichnet eine Klasse von KI-Modellen, die neue Inhalte generieren können – darunter Texte, Bilder, Musik, Codes und sogar Videos. 

Was aber noch nicht so viele wissen, ist, wie Redaktionen mit den neuen Technologien umgehen und wie sie KI konkret einsetzen.

Ich bin seit März 2024 Geschäftsführerin des digitalen Lokalmagazins karla in Konstanz. Bei karla kommt KI regelmäßig zum Einsatz. Gerade kleine Redaktionen können mit dieser Technologie ein Stück weit zu den großen Redaktionen aufschließen (konkrete Anwendungsfälle seht ihr weiter unten). Natürlich wird karla durch ChatGPT nicht zu ZEIT ONLINE – aber der Abstand wird etwas geringer. Wir spielen zwar immer noch in unterschiedlichen Ligen, müssen uns aber gleichermaßen mit der Kraft von GenAI auseinandersetzen, ausprobieren, lernen.

An dem von DALL-E generierten Bild sieht man direkt ein großes Problem von generativer KI: die Reproduktion von Stereotypen und fehlende Diversität, weil das in den Trainingsdaten immer noch zu wenig berücksichtigt wird.

Vorteil Nummer 1: Effizienzsteigerung

Die größte Veränderung ist für mich, dass ich meine Arbeitszeit effizienter nutzen kann. Ich schaffe mehr in kürzerer Zeit. Dadurch habe ich zum Beispiel mehr Raum für strategische Überlegungen zu neuen Zielgruppen oder innovativen Produkten. Etwas, das oft hintenansteht, bekommt plötzlich den Platz, den es verdient. Dabei ist es gar nicht so einfach, den Effizienzgewinn zu quantifizieren. Sind es 30 Prozent? 40 Prozent? 50 Prozent? Klar ist, dass ich meinen Premium-Account bei ChatGPT, der mich 20 Euro im Monat kostet, nicht mehr missen möchte. Denn ich nutze meinen Chatbot – „Chattie“, wie ihn manche liebevoll nennen – so gut wie täglich.

Manche sagen, man solle sich den Chatbot wie einen Praktikanten oder eine Assistentin vorstellen. Ich persönlich kann mit dieser Vermenschlichung einer Maschine wenig anfangen, verstehe aber den Wunsch, mit der Maschine sozial zu interagieren und zum Beispiel „bitte“ oder „danke“ zu sagen. Manche versuchen auch, bessere Ergebnisse zu erzielen, indem sie Belohnungen in Aussicht stellen. Es gab 2023 beispielsweise eine Untersuchung der KI-Universität in Abu Dhabi, die getestet hat, ob bessere Ergebnisse erzielt werden, wenn man dem Chatbot 300.000 Dollar für seine Dienste anbot. Tatsächlich antwortete der Chatbot mit Aussicht auf Belohnung ausführlicher und logisch strukturierter.  

Vorteil Nummer 2: Hilfe bei der Content-Erstellung

Seien wir ehrlich: Inhalte für LinkedIn oder Instagram zu erstellen macht oft wenig Spaß. Man möchte zwar auf tolle Artikel oder Projekte aufmerksam machen, aber sich dafür eigene Posts auszudenken, ist für einige ein notwendiges Übel. Natürlich kann man kritisieren, dass auf LinkedIn mittlerweile viele Posts gleich klingen und die Individualität verloren geht. Mir persönlich hilft es jedoch, wenn ich meinem Chatbot Textbausteine zuwerfen kann und in Windeseile ein Grundgerüst für einen Beitrag entsteht, mit dem ich weiterarbeiten kann.

Auch Titel- oder Teaser-Vorschläge kann man in der Regel nicht eins zu eins übernehmen – und doch hilft es mir, weiterzudenken und am Ende etwas zu finden, auf das ich ohne „Chattie“ wahrscheinlich nie gekommen wäre. Bei karla haben wir mit ChatGPT beispielsweise Texte ins Englische oder Ukrainische übersetzt. Als kleiner Newsroom haben wir wenig Budget für Übersetzer*innen. Zwar weiß ich – als eine Person, die viel und lange im Ausland gelebt hat – um den Wert einer wirklich guten Übersetzung.

Aber ist es nicht erst einmal wichtig, dass Inhalte in guter Qualität auch von Menschen konsumiert werden können, die kein Deutsch sprechen? Oder dass Texte mit Hilfe von KI in Leichte Sprache übersetzt werden können? Bisher hat mich noch kein einziges frei verfügbares CustomGPT für „Leichte Sprache“ überzeugt. Aber die Programme werden immer besser, so dass es vielleicht bald nicht mehr nötig sein wird, dafür kostenpflichtige Dienste wie summ.ai zu nutzen. 

Apropos CustomGPT: Vor anderthalb Jahren habe ich einen GPT so gepromptet – man könnte auch sagen programmiert –, dass er die 9.000 Zeichen langen Texte von DEINE KORRESPONDENTIN in Windeseile zusammenfasst. Bei karla nutzen wir für viele Artikel den Kasten „Auf einen Blick“, in dem wir den Inhalt in fünf bis sechs Stichpunkten verdichten. Zusammenfassungen sind eine Stärke von KI – und wenn man sie noch mit Beispielen oder Stilvorschlägen anreichert, werden sie umso besser.

Vorteil Nummer 3: Bessere Kommunikation 

Paulines Motto: KI als Chance begreifen. | Foto: Milena Schilling

Meine gesamte Kommunikation hat sich in den vergangenen Jahren durch den Einsatz von KI radikal verändert. E-Mails vorformulieren kann der Chatbot extrem gut, ebenso wie Texte als Muttersprachler*in in andere Sprachen übersetzen und freundliche Follow-ups und Erinnerungen vorschlagen. Ich freue mich jedes Mal, dass ich mir das alles nicht mehr selbst überlegen muss, sondern diese To-Dos meine künstliche Assistentin für mich übernimmt und ich Zeit habe, an Formulierungen zu feilen und sie für mich anzupassen. 

Das geht natürlich nur bis zu einem gewissen Grad und da spielt auch das Thema Datenschutz etc. eine Rolle. Wir haben uns zum Beispiel beim Better Leaders Lab, eine strategische Beratungsfirma für gute Führung und intelligentes Management, spezielle KI-Richtlinien gesetzt, die wir öffentlich kommuniziert haben und an die wir uns penibel halten. Dazu gehört unter anderem, dass wir KI nur zur Unterstützung bei der Textverarbeitung, Strukturierung und Übersetzung einsetzen, aber nicht als primäre Quelle für Fakten. Bei Projekten für Kund*innen anonymisieren wir alle sensiblen Daten, bevor wir KI-Tools einsetzen. 

Die Entwicklung solcher Richtlinien ist ein erster Schritt in Richtung Transparenz. Das ist auch ein wichtiger Aspekt der Kommunikation. Wenn zum Beispiel ChatGPT für Übersetzungen verwendet wird, sollte dies auch kommuniziert werden. Bei Bildern von Open-AI-Computerprogramm „DALL-E“ wird schnell offensichtlich, dass sie KI-generiert sind. Bei Bildern von „Midjourney“ ist das schon schwieriger. Und wenn die Open-AI-Anwendung „Sora“ früher oder später auch in Deutschland verfügbar sein wird, sollten meiner Meinung nach KI-generierte Videoinhalte unbedingt ebenfalls gekennzeichnet werden.

Von Text zu Audio 

Ein eigenes Thema, das gesondert betrachtet werden sollte, ist die Funktion Text-to-Speech. Auch das bedeutet massive Veränderungen für professionelle Sprecher*innen bei Rundfunkanstalten. Mit Tools wie „ElevenLabs“ kann man heutzutage in guter Qualität geschriebenen Text in Audio-Versionen umwandeln. Mit „NotebookLM“ kann man sogar Text in einen Podcast verwandeln. Da hört man zwar bei der deutschen Version immer noch einen amerikanischen Einschlag, aber das Gespräch zwischen zwei Hosts klingt erstaunlich echt.

Richtig gute Audio-Versionen bietet das Schweizer Digitalmagazin REPUBLIK an. Das Medienprojekt hat vor einem halben Jahr beschlossen, die menschlichen Sprecher*innen durch neue synthetische Stimmen zu ersetzen. In diesem Artikel erklärt die Redaktion warum sie sich dazu entschlossen hat und liefert gleich eine Hörprobe mit. Der Service dahinter heißt passenderweise „Hübsch“. Ob das in diesem Fall von den Hörer*innen gewünscht ist oder der Einsatz von KI generell immer sinnvoll ist – das ist eine Frage, die sicherlich noch viel diskutiert werden wird. 

 

10 Anwendungsfälle von KI, die wirklich funktionieren: 

1. Eins-zu-Eins-Übersetzungen in andere Sprachen

2. Interviews transkribieren (z. B. mit trint)

3. Kleinere grammatikalische Korrekturen (z. B. mit DeepL)

4. Vorschläge für Social Media Posts (LinkedIn etc.) erstellen 

5. Mögliche Bilder mit DALL-E generieren

6. Passende Titelvorschläge und Teaser einholen 

7. Zusammenfassungen bereitstellen (Berichte, Texte)

8. E-Mail-Entwürfe vorformulieren (inkl. Reminder) 

9. Audioqualität verbessern (z. B. mit Adobe Enhance)

10. Brainstorming für Interviewfragen, Textentwürfe, Emojis etc.

 

Und jetzt?

Künstliche Intelligenz wird uns noch lange beschäftigen: Sie eröffnet viele Möglichkeiten, wirft aber auch zahlreiche Fragen auf. So haben wir vergangene Woche über das KI-Projekt „Historische Heldinnen“ der Berliner Podcastfirma „Viertausendhertz“ berichtet

Eine Leserin meldete prompt zurück: „Spätestens bei der Einleitung ist offensichtlich, dass KI die Frauen nicht zum Leben erweckt. (…) Eine kritische Passage dazu, dass die Qualität nicht so toll ist, hätte ich mir gewünscht. Ich habe den Podcast schon ein paar Mal gehört, bin aber komplett enttäuscht wieder entfolgt. Eine Ich-Erzählung aus der Perspektive der Jetzt-Zeit kann kaum gut werden.“

Für die Podcast-Macher*innen rund um Marie Dippold war das Projekt ein Ausprobieren, ein Experimentieren mit den heutigen technischen Möglichkeiten – das Grenzen hat. Denn viele Zuhörer*innen wünschen sich explizit längere Beiträge zu den Frauen – und genau daran scheitert das KI-basierte Format. Für längere, sprachlich und textlich anspruchsvollere Beiträge braucht es immer noch Menschen, die eine ganz andere Qualität beim Schreiben entstehen lassen.

Wenn ihr übrigens Journalist*in seid und mit euren Redaktionen richtig gute Use Cases teilen wollt, schreibt mir einfach eine Email an: pauline@deine-korrespondentin. Ich werde sie in den nächsten Wochen sammeln und gebündelt unter diesem Artikel veröffentlichen.

Von DALL-E generiert mit dem folgenden englischen Prompt: „A digital mood board featuring ten distinct icons or symbols, each representing a different AI use case in journalism.”
 

Hinweis: 

Am 13. Februar bzw. 26. März 2025 spreche ich an der VHS Singen und VHS Konstanz darüber, wie Künstliche Intelligenz den Alltag erleichtern kann. Ich zeige praxisnahe Wege, KI sinnvoll im täglichen Leben einzusetzen. Ob für effiziente Planung, schnelle Übersetzungen, kreative Social Media-Beiträge oder die Organisation von Aufgaben – KI-Tools bieten vielfältige Möglichkeiten, Zeit zu sparen und den Alltag smarter zu gestalten.

 

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Von Pauline Tillmann, Konstanz

Pauline Tillmann ist Gründerin und Chefredakteurin von DEINE KORRESPONDENTIN. 2011 bis 2015 war sie freie Auslandskorrespondentin in St. Petersburg und hat für den ARD Hörfunk über Russland / Ukraine berichtet. Zuvor hat sie beim Bayerischen Rundfunk volontiert. Pauline ist regelmäßig als Coachin, Moderatorin, Beraterin und Speakerin im Einsatz. 2022 erschien ihr Buch „Lust auf Lokal – das Handbuch für Community-Journalismus“, außerdem hat sie das Buch „Frauen, die die Welt verändern“ herausgegeben. Mehr unter: http://www.pauline-tillmann.de.

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